„Ich war seit fast acht Stunden schon auf der Autobahn
War ganz kurz vor meinem Ziel und hielt mich mächtig ran
Die Sonne, sie stand schon sehr tief als ich zur Ausfahrt kam
Der Diesel dröhnte neben mir, …“
So beginnt der Text von Jonny Hills „Ruf´ Teddybär 1-4“. Gut, der Text nimmt (wie vermutlich nur die Älteren wissen) einen anderen Verlauf als die heutige Geschichte, aber bis dahin…
Es war öde, das Radio plärrte, ich war mutterseelenallein. Die Familie zu Hause. Und dann die Abfahrt Merklingen. Was soll ich sagen? Wie weggeblasen die öde Zeit auf dem Asphalt. Indian Summer auf der schwäbischen Alb. Das Rotgold der Laubwälder strahlte in der Abendsonne. Und dann die Einfahrt in den „Canyon“ des Dolderbach. Atemberaubend trifft es nicht. Ruhe! Stress ade´! Wieder angekommen! Nach drei langen Jahren – endlich! Ist das Heimat? Ok, nicht ganz – aber fast…
Das Gästehaus am Gestütsgasthof ist meine Herberge. Ich kann sie nur jedem Jagdreiter empfehlen. Da gibt´s mehr als nur lecker Schüsseltreiben am Samstag nach der Jagd. Die schwäbische Gastlichkeit ist umwerfend und ja, das ist ganz klar Werbung für den altehrwürdigen Gestütsgasthof UND Frau Morgenroth.
Samstagmorgen um neun: Der Himmel ist bedeckt. Nebelschwaden ziehen durch das Lautertal. 8 Grad. Auf zum Pferdeputzen vor dem Stelldichein, denn: „Wer das eine will, muss das andere mögen!“ Aber bitte was ist das??? Mein Pferd steht gestriegelt, gekämmt und voll im Lack in einer frisch eingestreuten Box der Landesreitschule und kaut genüsslich in der Runde. Trense, Halfter und Vorderzeug hängen geputzt mit einer schneeweißen, frisch gewaschenen Satteldecke vor der Box und warten auf ihren Einsatz. Lieber Markus Lämmle, was hast Du da bloß eingeführt? Ich nenne es das Rundum-sorglos-und-wohlfühl-Programm.
Gut, wieder Zeit zum Seele baumeln lassen auf der rotgoldenen Alb…
„Stelldichein 12:00 Uhr“ stand auf der Einladung. 12 Grad, der Himmel reißt langsam auf. Wie viele Jagdreiter werden heute wohl da sein nach so langer Zeit der Pandemie? Stille auf dem Gestütshof. Aber sieh da, auf die Jagdherren ist noch immer Verlass! Thea (Maisch) und ihr Vater Dieter (Dr. Förschler) empfangen die ersten Gäste zusammen mit den guten Geistern des Vereins herzlich und bestens gelaunt. Keine Spur von Gruppendepression, wie ich sie in den letzten zwei Jahren erfahren musste. Fröhliche und freundliche Menschen überall. Erwartungsfrohe Reiterinnen und Reiter treffen eine/r nach der/dem anderen ein… Heimat? Nicht ganz – aber fast…
Die Hörner erschallen – Alltag wo bist Du? Und schon geht´s los… Nur nicht so schnell bitte, der Eindrücke sind es zu viele.
Na, Gott sei Dank haben Jagdherrin Thea und „master of hounds“, Andrea (Wiehn), noch was zu sagen. Das klassische Jagdprotokoll gibt´s also noch… Sehr schön!
Und dann kommen sie – DIE Hunde… Sieben Koppeln habe ich im Pack von Andrea gezählt. Stimmt die Zahl? Normalerweise käme hier wohl so eine altehrwürdige Floskel wie: “Die Hunde liefen schnell und arbeiteten die Schleppe korrekt aus.“ Jungs, ich hab´ euch ganz genau beobachtet! Zu allererst hat es euch offenbar mal richtig Spaß gemacht. Und angekommen sind letztlich auch alle gesund, munter und mit ordentlichem Geläut.
Die gut 35 reitende Jagdgäste in zwei Feldern haben scheinbar jede einzelne Schleppe genossen. Schweißtropfen gehören dazu. Und die glücklichen Gesichter nach dem Halali-Sprung – ich hab sie so vermisst.
Rückkehr durchs Gestüt und siehe da Sonnenschein bei 14 Grad. Noch schnell das Curree´ für die Hunde und dann ab – richtig! – in den Gestütsgasthof zum Schüsseltreiben.
Viele neue Gesichter waren da – auch die Schweizer Valentin und Bruno. Schön, euch kennengelernt zu haben. Das jüngste neue war Emma – meine bezaubernde Jagdbegleitung. Es war mir eine Ehre! Aber auch die schon länger bekannten, Herbert und Ulli zum Beispiel… Schön war´s mit euch! Heimat? Nicht ganz, aber fast…
Zum Schluss das Wichtigste – Dank und Anerkennung:
Ich danke Dr. Dieter Förschler ausdrücklich, dass er seit so viele Jahre Jagdherr dieser einzigartigen Veranstaltung ist. Anderswo bekommt man dafür einen Landesverdienstorden oder den Ehrenamtspreis. Danke, Dieter!
Danke Thea, dass Du Dich anschickst, diese Tradition weiter zu führen. Lass dieses Kulturgut bitte nicht eingehen.
Danke Rolf, ich kenne Dich als unermüdlichen Förderer der Jagdreiterei und super Schleppenleger. Man kann bei Dir immer die Hunde bei der Arbeit und das Feld folgen sehen. Und danke für dieses wunderbare Lehrpferd namens „Durban“ Nie habe ich mich sicherer auf einer Jagd gefühlt.
Danke Thomas für den Hindernisaufbau. Es waren faire Hindernisse, die Spaß gemacht haben. Und denen, die Dir dabei halfen, gilt dieser Dank ebenso.
Dank an den Master (der Brite kennt eben keine weibliche Berufsbezeichnung) und die Pikeure! Jeder, der schon einmal mit einer Meute gearbeitet hat, weiß, wie anstrengend und aufwendig das ist.
Dank an die Fotografen, die uns bleibende Erinnerungen schaffen, aber insbesondere die tiefe Seele unseres Sports, der Jagdreiterei, in die breite Öffentlichkeit tragen. Schaut doch z.B. einmal bei Thore Brockhoff (www.202.de ) vorbei…
Und Dank an alle guten Geister im Hintergrund.
Ich schließe diesen etwas anderen Jagdbericht mit Hans-Heinrich Isenbart „… und vergessen Sie mir die Pferde nicht!“ Diese bezaubernden Geschöpfe ermöglichen uns in ihrer Großmut und mit ihrem wunderbaren Wesen erst unseren unverwechselbaren Sport!
Und nächstes Jahr fahre ich wieder „860 km für ein einziges Halali“…
Euer Jens
Weiter Bilder auf unserer Facebookseite von Frau Dostal Hardt-Meute Badischer Schleppjagdverein e.V. und von Thore Brockhoff unter 32. Herbstjagd HuL MarbachThore Brockhoff